Du bist berufstätig und viel beschäftigt. Dennoch möchtest du deine Stimme gerne weiterentwickeln. Singen üben in kleinen Dosen ist für dich perfekt. Es gibt ein Lied, das du sehr gerne singst, aber dieser verdammte eine Ton, der quietscht jedes Mal und du fühlst dich als ob dir jemand die Kehle abschnürt. Deiner Meinung nach klingt es auch so.
Zu allererst: singen üben soll sich niemals anfühlen, als ob dir grade jemand an die Gurgel geht.
Wieviel Zeit brauchst du zum Singen-Üben?
Wie oft du singen übst, das hängt natürlich von deinen Zielen ab und davon wo du in deiner gesanglichen Entwicklung gerade stehst. Aber du kannst auch in kleinen Dosen singen üben und mit 5 oder 10 Minuten pro Tag Fortschritte machen. Wichtig ist, dass du konzentriert bist und so übst, dass du dir nichts Falsches anlernst.
Nach meiner Matura im Jahre Schnee hat mein Klassenvorstand mit Augenzwinkern gesagt, ich sei die Erfinderin des Minimalprinzips. Er meinte, dass ich immer mit möglichst wenig Aufwand das Meiste heraushole. Irgendwie ist das kleben geblieben und ich bin immer noch Anhängerin dieses Prinzips. Aber ganz ohne üben geht nix.
Starte mit täglich 5 Minuten
Was sind schon 5 Minuten? Das ist grad Mal 2 x Zähne putzen und das schaffst du (hoffentlich) auch täglich.
Beginne einfach mit 5 bzw. maximal 10 Minuten üben pro Tag. Am besten immer um die gleiche Zeit. Stelle dir dafür einen Timer. Und wenn der Wecker klingelt, hörst du auf. Auch wenn du noch gar nicht möchtest. Halte die Zeit ein, die du dir vorgenommen hast.
Wichtig ist allerdings, dass du dir vorher ganz genau überlegst, was du eigentlich üben möchtest. So kannst du dir zum Beispiel eine Phrase aus einem Lied hernehmen, die du gerne in einem bestimmten Vocal Mode singen möchtest. Sagen wir, du willst eine Phrase in „Overdrive“ singen. So suchst du dir deinen Übungsvokal in Overdrive (das ist einer der Vocal Modes in CVT – laut, mit einem rufenden Charakter), etablierst einen Biss und singst die Phrase nur auf diesem Vokal. Wichtig dabei ist, dass du die erforderliche Support-Energie aufbringst und auch laut genug singst, um den metallischen Klang nicht zu verlieren. Spüre in dich hinein ob es sich gut anfühlt. Am leichtesten ist es im Zentrum dieses Modes zu singen. Wenn du dich dabei noch aufnimmst, dann kannst du dir nachher auch anhören, ob du so klingst, wie du möchtest.
Das war jetzt eine Mini-Variante von konzentriert 5 Minuten üben. Aber du kannst genauso gut das Singen-Üben in kleinen Dosen bei alltäglichen Routinearbeiten oder im Auto praktizieren. Deiner Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Ich selbst tue das sehr gerne. Vor allem bei Tätigkeiten, die mich ohnehin langweilen.
Wie kannst du das Singen üben in deinen Alltag integrieren?
Hier ein paar Ideen und Anregungen, wie du auch zwischendurch üben kannst.
Bei der Hausarbeit
Bügeln eignet sich zum Beispiel wunderbar. Wenn du auch so ungern bügelst wie ich, dann wird dir diese Tätigkeit in Zukunft auch leichter fallen. Im Normalfall brauchst du beim Bügeln keine große Konzentration. D.h. du kannst üben und „nebenbei“ Bügeln.
Ein neues Lied lernen:
Dazu stellst du dir die Aufnahme des Liedes in die Dauerschleife auf deinem Abspielgerät (bei Vinyl musst du das eben händisch machen), legst dir den Text ausgedruckt in Reichweite und hörst dir den Song einfach oft hintereinander an. Achte dabei auf die Melodieführung und die Struktur des Liedes. Wie ist der Ablauf, wann Strophe, wann der Chorus, wann kommt ein Solo. Wenn dir etwas auffällt, dann leg das Eisen kurz weg und mach dir am Text Notizen.
Wenn du das Lied soweit intus hast, dann sing einfach einmal dazu und spüre in dich hinein. Wo hast du Schwierigkeiten? Gibt es Stellen im Lied bei denen du rhythmisch noch unsicher bist? Gibt es Passagen oder Wörter, wo du zB nicht gut in die Höhe kommst?
Wenn du mit CVT schon vertraut bist, hör dir an, welche Vocal Modes werden verwendet bzw. in welcher Lautstärke wird gesungen? (Falls dir Vocal Modes jetzt gar nichts sagt, dann kannst du hier einen Überblick zu den Vocal Modes in der Complete Vocal Technique bekommen.)
Beim Autofahren
Du möchtest laut singen, hast zu Hause aber Scheu wegen der Nachbarn oder weil du es nicht gewohnt bist, laut zu singen. Dann nichts wie ins Auto. Die anderen Autofahrer werden dich vermutlich sogar in Stimmung bringen.
Ich möchte dich hier nicht gegen andere Autofahrer aufhetzen, aber es kann durchaus ganz unterhaltsam sein.
Bei jedem, der dich überholt oder dir irgendwie seltsam vorkommt, rufst du ganz laut „Hey!“ Wenn du Wienerin bist, kannst auch gerne ein „Hey, hearst geht’s no?“ rufen. Lass vielleicht dabei das Fenster geschlossen, weil du doch niemanden beleidigen möchtest. Aber diese Wörter eignen sich sehr gut um laut zu sein. Lass dich richtig gehen und achte darauf, wie sich das anfühlt. Es soll auf keinen Fall im Hals zwicken oder zwacken und du sollst nicht heiser sein. Wenn du in dich hineinspürst, wirst du merken, dass sich dein Bauch um den Nabel beim Rufen leicht nach Innen bewegt. Das ist gut so und auch beabsichtigt, weil du um laut zu singen eine gewisse Support-Energie benötigst.
Du bist jetzt voraussichtlich in Overdrive.
Wenn du keine Lust hast andere zu beschimpfen, dann steht es dir natürlich frei auch andere Übungen zu machen. Zum Beispiel kannst du im Auto dann das Lied, das du beim Bügeln gelernt hast, auswendig singen üben.
Beim Kochen
Hier eignen sich ebenso Übungen um die Modes kurz und knackig im Zentrum zu treffen. Weiters kannst du dabei auch gut das Verlangsamen des Ausatmens trainieren (Support bzw. Stütze). Zum Beispiel mit der „SSSS-Übung“. Du atmest aus und wieder ein und machst anschließend einen kaum hörbaren SSSS-Laut, den du so lange wie möglich hältst. (Stell dir vor du hältst eine Kerze vor deinem Mund und die Flamme darf nicht ausgehen.) Achte darauf, dass du nicht zu schnell dabei ausatmest, sonst wird das SSSS bald zu Ende sein. Um das SSSS lange zu halten, hilft es dir, wenn du z.B. den Bauch unterhalb des Nabels in einer kontinuierlichen Bewegung nach Innen ziehst.
Auf die SSSS-Übung beim Kochen bin ich gekommen, als ich mir beim Kochen die Finger verbrannt habe und reflexartig ein SSSS gefolgt von einem Fäkalwort von mir gegeben habe. Aber du sollst dich bitte nicht verbrennen.
3 Wiederholungen beim Singen-Üben
Egal was du übst, wiederhole jede Übung 3x. Das macht Sinn, weil du die Übung so in deinem System verinnerlichst. Du sollst aber wissen, dass das in beide Richtungen funktioniert. Dh wenn etwas noch nicht klappt, dann wiederhole denselben Fehler nicht zu oft sondern gehe einen Schritt zurück und übe dort weiter wo es geklappt hat.
Erhöhe die Übungs-Dosis langsam
Wenn du mit maximal 10 Minuten oder dem Üben bei alltäglichen Routinearbeiten gut vorankommst, dann probiere nach ca. einem Monat die Dosis langsam zu erhöhen. Vielleicht hast du vorher schon Gusto bekommen mehr zu machen und wolltest gar nicht aufhören. Der Trick mit dem Timer ist nämlich, dass du einerseits eine Routine etablierst und andererseits effizienter wirst. Weil du eben nur 10 Minuten Zeit dafür hast und diese gut nutzen möchtest, weil wenn der Timer klingelt oder röhrt oder quakt, dann ist Schluss.
Wie gesagt, nach einem Monat kannst du entweder die tägliche Dosis erhöhen oder dir einmal in der Woche mehr Zeit in deinem Kalender für deine Gesangsübungen reservieren. Nimm dir nicht zu viel vor. Das bewahrt dich davor ein schlechtes Gewissen zu bekommen, wenn du das Pensum nicht schaffst. Besser in kleinen Dosen singen üben. So kommst du zielgerichtet vorankommen und das Üben wird langsam zur Gewohnheit. So wie das Zähneputzen.
Doch noch Fragen offen?
Schreib mir gerne eine Nachricht.